Der spannendste Teil eines Zahnimplantats – die große Innovation – steckt unsichtbar im Kieferknochen: eine bionische Zahnwurzel mit einem ausgeklügeltes System zur Befestigung der späteren sichtbaren Zahnersatz-Aufbauten.
Eine bionische Zahnwurzel
Wie so eine künstliche Zahnwurzel am besten beschaffen sein sollte, um gut mit dem Knochen zu verwachsen, weiß man mittlerweile sehr genau. Viele Hersteller haben unabhängig voneinander Implantatsysteme entwickelt (es gibt mittlerweise über 100), und die bewährtesten Lösungen sind doch sämtlich sehr ähnlich: In der Regel hat ein Implantat die Form einer Schraube mit zylindrischem (geradem) oder konischem (nach unten etwas schmaler werdendem) Längsschnitt. Ein Innengewinde stellt die Verbindung mit der Implantat-Suprakonstruktion her, also dem Teil, der später den Zahnersatz halten wird.
Osseointegration
Diese Schraube wird buchstäblich in den Kieferknochen hineingeschraubt – und wie bei jeder Schraube, die Sie in ein festes Material drehen, ergibt sich daraus eine hohe sogenannte Primärstabilität: Das Ding sitzt erst einmal fest. Mit der Zeit wird die bionische Zahnwurzel in den Knochen integriert. Das “geschredderte” Knochengewebe am Implantationsort wird abgebaut (damit verschwindet die Primärstabilität), und neues Knochengewebe wächst bis direkt an die Implantatoberfläche, die von fest haftenden Knochenzellen bedeckt wird (die Sekundärstabilität setzt ein).
Diese Einbindung der Schraube in das Knochengewebe wird mit dem Begriff Osseointegration beschrieben. Eine geglückte Osseointegration ist die Voraussetzung für langfristige Stabilität des Implantats und das Happy End für jede Implantatbehandlung.
Eile mit Weile
Sinnvollerweise wartet man mit dem Aufsetzen der geplanten Zahnersatz-Konstruktionen (Zahnärzte nennen das “Belastung des Implantats”), bis die Osseointegration abgeschlossen ist. Implantate im Unterkiefer sind in der Regel nach drei Monaten fest eingeheilt, Implantaten im Oberkiefer gibt man sicherheitshalber sechs Monate Zeit. Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Osseointegration liefert eine Röntgenaufnahme: Es sieht gut aus, wenn sich zwischen Knochen und Implantat kein dunkler “Spalt” auftut.
Geschlossene und offene Einheilung
Für die Einheilungsphase der Implantate gibt es zwei Strategien: Die geschlossene (subgingivale) und die offene (transgingivale) Einheilung. Bei der geschlossenen Einheilung schließt sich das Zahnfleisch komplett über dem Implantat. Nach abgeschlossener Osseointegration ist ein Schnitt in die Schleimhaut, eventuell sogar die Entfernung von etwas neu gebildetem Knochen über dem Implantat erforderlich, um den Implantatkopf wieder freizulegen. Dann wird als Platzhalter für die zukünftige Suprakonstruktion ein sogenannter Gingivaformer aufgesteckt. Es dauert zwei bis drei Wochen, bis sich rund um den Gingivaformer ein solider Zahnfleischring gebildet hat: Jetzt ist es endlich Zeit für die lang ersehnte Versorgung mit dem Zahnersatz.
Bei der offenen Einheilung spart man sich die chirurgische Freilegung nach Abschluss der Einheilphase: Hier wird der Gingivaformer schon bei der Implantation in das Implantat eingeschraubt und ragt während der gesamten Einheilphase als kleiner “Knubbel” aus Metall oder Keramik aus dem Zahnfleisch heraus. Damit hat sich auch bereits der erwünschte Zahnfleischring gebildet, wenn die Osseointegration abgeschlossen ist.
Bei MeinZahn sind wir konservativ
Offene Einheilung klingt praktisch. Aber konservative Zahnärzte – und zu denen gehört unser Kieferchirurg Dr. Dr. Arhold – bevorzugen oft die geschlossene Einheilung. Warum? Es gibt während der Osseointegration keinen besseren mechanischen und Infektionsschutz für die noch labilen Implantate als eine intakte Schicht gesundes Zahnfleisch. Dieser Vorteil ist uns den kleinen zusätzlichen Eingriff und die drei Extrawochen mit dem Gingivaformer wert.
Trotzdem: Lange Wartezeiten stellen die Geduld von Patienten auf eine harte Probe. Kein Wunder, dass Behandlungsmethoden, die eine sofortige Versorgung mit dem richtigen, endgültigen Zahnersatz anstelle eines Prothesen-Provisoriums versprechen, so viel Aufmerksamkeit bekommen. Was wir dazu zu sagen haben, lesen Sie im nächsten Beitrag.
(Foto: © Leonid and Anna Dedukh, shutterstock.com)
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