Ihr Zahnarzt meint, der Weisheitszahn muss raus. Wie läuft der Eingriff ab? Was ist danach zu erwarten? Werden die Schmerzen erträglich sein? Was kostet das Vergnügen? Und: Was, wenn ich mich gegen die OP entscheide?

Die Letzten werden die Ersten sein…

Die Weisheitszähne sind in mancher Hinsicht die Letzten: Sie haben ihren “großen Durchbruch” meist erst irgendwann im dritten Lebensjahrzehnt. Und als achter Zahn in jedem Kieferquadrant stehen sie ganz hinten in den Zahnreihen. Andererseits sind sie manchmal auch die Ersten – nämlich die ersten bleibenden Zähne, von denen wir uns gezwungenermaßen wieder verabschieden. Nicht selten passiert das sogar, bevor sie überhaupt richtig durchgebrochen sind.

 

Der retinierte oder teilretinierte Weisheitszahn

Ein normal durchgebrochener Weisheitszahn, der ausreichend Platz hat, ist selbst bei schwerer Karies eigentlich kein Entfernungskandidat. Eine Kariessanierung, wenn nötig eine Wurzelbehandlung, machen ihn wieder fit – wer weiß, ob man nicht später, wenn es um die solide Befestigung von Zahnersatz geht, noch einmal froh ist, den Achter nicht geopfert zu haben!

Eine andere Sache sind Weisheitszähne, die im Kiefer nicht genügend Platz haben (retiniert) oder falsch herum liegen (retiniert und verlagert). Bei ihren Anstrengungen, trotzdem durchzubrechen, können sie auf die Wurzeln ihrer nächsten Nachbarn drücken. Die reagieren entweder mit langsamer Auflösung oder geben den Druck weiter – und am Ende geht in der Zahnreihe womöglich alles drunter und drüber. Verschobene, schiefe Zähne kann niemand gebrauchen; außerdem sind die langsam stattfindenden Verschiebungen fast immer von Kaubeschwerden und/oder anderen chronischen Schmerzen begleitet. Deren Quelle kann schwer zu verorten sein, wenn die Symptome auf Ohren, Gesicht oder Kopf ausstrahlen. Ist der Weisheitszahn als Schuldiger identifiziert, wird in jedem Fall für eine Entfernung optiert.

Ein fragloser Entfernungskandidat ist meist der teilretinierte Weisheitszahn. Das ist ein teilweise durchgebrochener Achter, der zwar gerade gewachsen ist, aber nun aus Platzmangel weder vor- noch zurückkann. Der teilretinierte Weisheitszahn trägt eine Art “Kapuze” aus Zahnfleisch, die eine Falle für Speisereste und damit einen idealen Schlupfwinkel (samt Speisekammer) für Bakterien bildet. Die Folge: Erhöhtes Risiko von Karies und wiederkehrenden Zahnfleischentzündungen bis hin zum schmerzhaften Abszess oder zur knochenzerstörenden Parodontitis.

Was passiert bei der Entfernung teilretinierter oder retinierter Weisheitszähne?

Auch wenn im Zusammenhang mit retinierten oder teilretinierten Weisheitszähnen oft vom Ziehen dieser Zähne die Rede ist – eigentlich werden sie nicht gezogen (für eine klassische Extraktion bieten sie offensichtlich nicht genügend “Angriffsfläche”), sondern operativ entfernt. An der Eröffnung des Kieferknochens führt dabei kein Weg vorbei: ein Fall für den Kieferchirurgen.

Die Weisheitszahn-OP ist ein ambulanter Eingriff, der üblicherweise unter lokaler Betäubung oder in Dämmerschlafsedierung durchgeführt wird. Natürlich gehts auch unter Narkose – das empfiehlt sich vor allem, wenn gleich mehrere Weisheitszähne auf einmal entfernt werden sollen.

Zunächst wird das Zahnfleisch über dem Weisheitszahn vorsichtig aufgeschnitten, abgelöst und beiseite geklappt. In den frei liegenden Kieferknochen fräst der Kieferchirurg eine Art kleine Öffnung, durch die der Zahn zugänglich wird. Statt Zahn und Wurzeln rabiat in einem Stück herauszuziehen wird oft auch für die schonende Zerlegung des Zahns und Entfernung der Teilstücke optiert. Ist der Zahn vollständig entnommen, wird die Wunde mit dem Zahnfleischlappen “gedeckelt” und wieder vernäht. Wichtig ist, dass sich in dem jetzt leeren Zahnfach ungestört ein fester Propf aus geronnenem Blut bilden kann – er ist die Basis für die Regeneration von Bindegewebe und Knochen. Deshalb darf der Verbandsmull, der nach der OP über die Wunde kommt, während der ersten halben Stunde nicht gewechselt werden.

Dauer der Weisheitszahn-OP

Läuft alles reibungslos, kann ein einzelner retinierter Weisheitszahn in zwanzig Minuten draußen sein. Typischerweise liegt die Dauer der Weisheitszahn-OP zwischen einer halben und einer ganzen Stunde. Die Entfernung von mehreren Weisheitszähnen in einem Ritt kann sich dann schon zum OP-Halbmarathon auswachsen. Den man, wenn er denn sein muss, wirklich am besten in Vollnarkose verschläft.

Und danach?

Sobald Sie wieder einigermaßen auf dem Posten sind, können Sie in Begleitung nach Hause gehen – am besten gleich schon mit einem Kühlpack an der Wange. In der Tasche haben Sie ein Rezept für ein geeignetes Schmerzmittel (kein Aspirin wegen der gerinnungshemmenden Wirkung!) sowie die Krankschreibung. Gönnen Sie sich mindestens zwei Tage lang richtig Ruhe. Nach Mehrfach-Entfernungen schreibt Sie der Zahnarzt ohne weiteres auch für eine Woche krank.

Zuhause sollten Sie am besten permanent kühlen. Das hilft nicht nur gegen die Schmerzen, sondern hält auch die auftretende Schwellung in Grenzen. Essen, Sprechen, vielleicht auch Schlucken werden Ihnen schwer fallen. Nehmen Sie in den ersten Tagen nur Speisen zu sich, die nicht gekaut werden müssen. Aber bitte nichts mit einem Strohhalm trinken – der Unterdruck, den Sie dabei im Mund erzeugen, kann den Blutpropf wieder aus der Wunde reißen. Für die Mundhygiene benutzen Sie ab dem zweiten Tag am besten nach den Mahlzeiten eine alkoholfreie antibakterielle Mundspülung mit Chlorhexidin. Aber auch beim Ausspülen müssen Sie vorsichtig sein: Bitte nicht wie sonst im Mund hin- und hersprudeln, und das Wasser nicht mit Druck ausspucken, sondern behutsam aus dem Mund rinnen lassen.

Schmerzen treten nach einer Weisheiszahn-OP eigentlich immer auf. Oft lassen sie sich mit einem Kühlpack und Ibuprofen oder einem anderen Schmerzmittel ohne Acetylsalizylsäure recht gut in Schach halten. Manchmal werden sie, das will ich nicht verschweigen, allerdings auch ziemlich unangenehm. Die gute Nachricht: Nach zwei Tagen geht es gewöhnlich wieder deutlich besser. Nach einer Woche werden meist die Faeden gezogen; Schmerzen und Schwellungen sind dann schon deutlich abgeklungen.

Nach dem Fädenziehen können Sie auch langsam wieder mit dem Sport anfangen, wenn Sie möchten. Allerdings sollten Sie auf Sportarten, bei denen es zu Krafteinwirkungen im Gesichtsbereich kommen kann (Kontaktsportarten, Sportarten mit erhöhter Sturz- oder Stoßgefahr), lieber noch ein paar Wochen verzichten.

Weiheitszahn-OP: Die Kosten

An den Kosten für die medizinisch begründete Entfernung retinierter oder teilretinierter Weisheitszähne beteiligen sich die Krankenkassen in jedem Fall. Allerdings müssen Sie für Dämmerschlafsedierung oder Vollnarkose in Österreich fast immer selbst aufkommen: Die Kassen lassen sich nur in Ausnahmefällen überzeugen, mehr als nur eine Lokalanästhesie zu finanzieren.

Entscheiden Sie sich für die Behandlung beim Wahlarzt, etwa in der MeinZahn Ordination (dafür sprechen zum Beispiel die kurzen Wartezeiten auf einen Termin), übernehmen die Kassen 80 Prozent des Kassentarifs. Patienten zahlen die Differenz zwischen Wahlarzttarif und Kassentarif – wenn Sie mit einer lokalen Betäubung auskommen, bleibt das eine recht erschwingliche Zuzahlung. Die MeinZahn Honorarliste können Sie herunterladen, wenn Sie sich (kostenfrei und ganz unverbindlich) auf unserer Webseite registrieren – Preise dürfen wir nämlich nach der Werberichtlinie der Österreichischen Zahnärztekammer nicht offen im Netz nennen.

Die prophylaktische Weisheitszahnentfernung – ist das wirklich nötig?

Viele Zahnärzte empfehlen immer noch die prophylaktische Entfernung der nicht durchgebrochenen Weisheitszähne. Gibt das Röntgenbild Anlass zur Vermutung, dass beim Durchbruch der Achter Platzmangel entstehen könnte, wird oft auch bei Beschwerdefreiheit für die frühe Entfernung der Weisheitszähne oder der Weisheitszahnanlagen (Germektomie) optiert.

Die Wahrheit ist, dass diese Frage in der Zahnmedizin durchaus kontrovers diskutiert wird: Einerseits kann ein retinierter Weisheitszahn ein Leben lang still im Kieferknochen stecken und keinerlei Symptome verursachen – oder sogar später doch noch durchbrechen und sich brav in die Zahnreihe stellen. In einem solchen Fall wäre die vorbeugende OP ein ganz unnötiger Eingriff. Andererseits weiß man das natürlich vorher nicht, und es gibt Hinweise darauf, dass, sollte der retinierte Zahn später doch Ärger machen, das Komplikationsrisiko der operativen Entfernung mit dem Lebensalter wächst.

Eine komplizierte Lage. Wir haben entschieden, dass in der MeinZahn Praxis ein symptomfreier retinierter Weisheitszahn in der Regel erst einmal dort bleibt, wo er ist – aber dass wir ihn und seinen Nachbarzahn besonders im (Röntgen-)Auge behalten, um mögliche Probleme rechtzeitig zu erkennen.

Wenn Sie keine Schmerzen und/oder sich abzeichnenden Zahnfehlstellungen haben und mit der Empfehlung Ihres Zahnarztes zur proaktiven Entfernung der Weisheitszähne nicht so ganz glücklich sind, können Sie ruhig noch eine Zweitmeinung einholen und begründen lassen – beim Thema prophylaktische Entfernung der Achter gehen die Ansichten wirklich manchmal weit auseinander.

(Foto: ©Ollyy, shutterstock.com)


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