So wirkt Fluorid gegen Karies
Dass fluoridhaltige Zahncreme Karies vorbeugt, hat wohl jede(r) schon oft genug gehört. Aber wie funktioniert die Fluorid-Prophylaxe eigentlich?
Im vorigen Beitrag haben Sie gelesen, wie sich Hydroxylapatit, das Mineral, aus dem Zahnschmelz und Dentin bestehen, unter Säureeinfluss auflöst. Im Zahnbelag lebende Kariesbakterien verwandeln Nahrungszucker in Milchsäure – und diese Säure ist es, die die typischen Karieslöcher in den Zahnschmelz frisst.
Fluorid macht den Zahnschmelz unempfindlich gegen Säureangriffe
Fluorid, so heißt es, härtet den Zahnschmelz. Und in der Tat: Fluorid verdichtet die Apatit-Kristallstruktur und setzt auch die Löslichkeit des Schmelzminerals herab. Aber in erster Linie macht Fluorid den Schmelz weniger säureempfindlich.
Das funktioniert so: Fluorid bildet mit Calcium und Phosphat ein Zahnschmelz-analoges Mineral: das Fluorapatit. Dadurch, dass im Fluorapatit ein Fluorion das Hydroxylion des Hydroxylapatits ersetzt, bietet der Schmelz den Säuren keinen Angriffspunkt mehr: Hydroxylionen können durch Säuren neutralisiert werden – mit Fluorid geschieht nichts dergleichen. Ein Zahn, der ganz mit Fluorapatit-Schmelz überzogen wäre, könnte auch unter heftigsten Bakterien-Attacken keine Karies bekommen.
Lokale Fluoridierung ist heute die Methode der Wahl
Das ist einer der Gründe, warum lokale Fluoridierung die Zähne so effektiv schützt (der andere: Fluorid hemmt die Stoffwechselaktivität der Kariesbakterien). Allerdings ist die Schutzwirkung zeitlich begrenzt: Sowohl Zahnpasta als auch aufgepinselter Fluoridlack erreichen, so die aktuelle Lehrmeinung, nur die allerobersten Schmelzschichten. Hier eingebrachtes Fluorid verschwindet durch den ständigen Austausch zwischen Schmelzoberfläche und Speichel relativ bald wieder – kann aber durch regelmäßige Verwendung von Fluorid-Zahncreme auch immer wieder “aufgefrischt” werden.
Fluorid-Tabletten: Nur während der Zahnentwicklung sinnvoll
Wie kann man Fluorid tiefer in den Zahn bringen und damit einen dauerhaften Kariesschutz erreichen? Das funktioniert nur, solange der Zahn noch im Kiefer steckt und wächst. Nur während dieser Zeit macht vom Standpunkt der Zahngesundheit aus eine systemische Fluoridzufuhr (d.h. eine Tablettengabe) richtig Sinn: Steht den schmelzbildenden Zellen des Zahnkeims Fluorid zur Verfügung, können sie Fluorapatit direkt in den wachsenden Zahn einbauen.
Kritische Zeiten wären für die Entwicklung der Milchzähne das zweite und dritte Schwangerschaftstrimester und die ersten drei Lebensjahre, für die Entwicklung der bleibenden Zähne praktisch der ganze Rest der Kindheit: Die bleibenden Zahnanlagen entwickeln sich langsam, einer nach dem anderen, bis zum Ende des zweiten Lebensjahrzehnts.
Im Erwachsenenalter dagegen ist das einzige Zahnrelevante, was Sie mit einer systemischen Fluoridgabe erreichen, eine leichte Erhöhung der Fluoridkonzentration im Speichel: Sie überschwemmen quasi Ihr Haus, um die Badewanne zu füllen. Ähnliches erreichen Sie auch mit fluoridhaltiger Zahncreme.
Und übrigens: Auch die Fluorid-Supplementierung bis ins Jugendalter wird heute kaum mehr empfohlen. Zu unwägbar erscheinen dann doch die potentiellen Risiken einer jahrelangen systemischen Fluoridgabe. Näheres dazu lesen Sie im nächsten Beitrag.
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